Hardware

Von Headset bis Datenbrille: Sind Pick-by-Voice und Pick-by-Vision sinnvoll fürs Lager? (Teil 4 /4)

Die Art und Weise, wie wir Waren kommissionieren, hat sich im Laufe der Jahre stark verändert. Neue Technologien wie Pick-by-Voice und Pick-by-Vision versprechen eine Revolution in der Kommissionierung. Doch ist das wirklich so? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben wir uns Expertenwissen von Michael Weiser, Vertriebsleiter bei der KBS Industrieelektronik GmbH, ins Haus geholt.

Pick-by-Vision im Einsatz mit einem mobilen Datenerfassungsgerät im Lager.
Pick-by-Vision im Einsatz mit einem mobilen Datenerfassungsgerät im Lager.

Was ist ein Pick-by-Voice- und ein Pick-by-Vision-System?
Pick-by-Voice, wie der Name schon sagt, ermöglicht den Mitarbeitern, Kommissionieraufträge über Sprachbefehle abzuwickeln. Statt auf Papier oder einen Bildschirm zu schauen, hören die Mitarbeiter Anweisungen über ein Headset und bestätigen die Aktionen per Sprache. Pick-by-Vision hingegen nutzt Datenbrillen, um visuelle Informationen direkt vor den Augen der Mitarbeiter einzublenden.

Während Pick-by-Voice in vielen Anwendungsfällen durchaus Vorteile bietet, hat sich Pick-by-Vision beim Kommissionieren noch nicht richtig durchgesetzt. Warum?

1. Sichtbarkeit
Eine Grundvoraussetzung für den Einsatz von Pick-by-Light ist, dass die Mitarbeiter die Lämpchen tatsächlich direkt sehen können. In großflächigen Lagern mit vielen, teils verzweigten Gängen kann das ein Problem sein, schließlich will niemand suchend durch die Gänge laufen. Hier bietet Pick-by-Voice einen klaren Vorteil, da die Informationen ortsunabhängig per Sprachausgabe erfolgen und der Mitarbeiter sich per »Ortswissen« selbst zum Entnahmeort orientieren kann.

2. Zugriffshäufigkeit
Gerade wenn die Zugriffshäufigkeit auf einzelne Lagerorte sehr gering ist – wie zum Beispiel in einem weitläufigen Ersatzteillager – sind die Investitionskosten für die Hardware eines Pick-by-Voice- oder Pick-by-Vision-Systems geringer als bei einem Pick-by-Light-System. Nebenbei: Die Kosten für die Anbindung an das kundenseitige Lagerverwaltungssystem sind so gut wie identisch.

So funktioniert Pick-by-Voice bei der Kommissionierung:
Eine Voice-Anweisung: »Gehe zu Regal 14, Fach-Nr. 5«. Der Mitarbeiter bestätigt sein Ankommen an der Entnahmeposition mit einem Sprachbefehl wie »OK« und erhält dann die Information über die Entnahmemenge »Nimm 3«. Nach der Entnahmebestätigung mit »OK« erhält der Mitarbeiter per Sprache den nächsten Entnahmeort mitgeteilt.

Diese Schritt-für-Schritt Methode ist, wie auch bei Pick-by-Vision aufgrund ihrer systembedingt geringeren Geschwindigkeit im Vergleich zu einem Pick-by-Light-System eher für ein klassisches Single-Order-Picking geeignet und weniger für hochdynamische Kommissioniervorgänge.

Was ist mit dem Tragekomfort?
Fühlten sich früher manche Mitarbeiter durch das Tragen eines Kopfhörers beeinträchtigt, gibt es mittlerweile Pick-by-Voice-Systeme auch ohne Headset. Mikrofon und Lautsprecher sind in eine Jacke oder einen Schultergurt integriert, um den Bedürfnissen der Anwender besser gerecht zu werden.

Was ist mit Dialekten und Fremdsprachen?
Pick-by-Light ist durch die optische Kommunikation von Dialekten und Fremdsprachen komplett unabhängig. Bei Verwendung verschiedener Farben sollten die Mitarbeiter jedoch vorab auf mögliche Farbsehschwächen (z. B. Rot-Grün-Blindheit) überprüft werden. In den frühen Tagen von Pick-by-Voice war eine »Einlernphase« jedes Mitarbeiters erforderlich, um dessen sprachliche Besonderheiten dem System bekannt zu machen und eine Kommunikation zu ermöglichen. Dies ist heute durch den Einsatz von KI in der Regel nicht mehr erforderlich.

Eine mögliche Kombi-Lösung mit Pick-by-Voice
Ähnlich dem Zusammenspiel eines MDE und Pick-by-Light-Systems werden Pick-by-Voice und Pick-by-Light häufig erfolgreich kombiniert, um zum Beispiel Multi-Order-Picking Aufträge noch effizienter zu gestalten. Die Mitarbeiterführung zum Entnahmeort wie auch die Entnahmemengen werden in diesem Fall per Pick-by-Voice kommuniziert, die Informationen zum Ablageort wie dem Fach im Kommissionierfahrzeug oder Konsolidierungsregal erfolgt über Pick-by-Light. Das Zusammenspiel erhöht die Kommissioniergeschwindigkeit und entlastet die Mitarbeiter.

Pick-by-Voice bei der Kommissionierung.
Pick-by-Voice bei der Kommissionierung.

Pick-by-Vision: Potenzial für die Zukunft?
Die Vorstellung, Mitarbeitern eine Datenbrille zu geben, die ihnen Anweisungen direkt ins Blickfeld einblendet, klingt futuristisch und aussichtsreich zugleich. Doch die Realität zeigt, dass auch dieses System seine Herausforderungen hat. Brillenträger müssen besondere Vorkehrungen treffen und die permanente Einblendung von Informationen kann auf Dauer ermüdend und anstrengend sein. Deshalb gibt es bis dato zwar einige Leuchtturm-Projekte zum Einsatz in Lagern, eine Ablösung der »traditionellen« Kommissioniermethoden ist jedoch nicht in Sicht.

Dennoch gibt es Anwendungsbereiche, in denen Pick-by-Vision seine Stärken ausspielen kann: Insbesondere für komplexe Aufgaben wie die Fernwartung oder bei der Montageunterstützung bietet diese Technologie einen echten Mehrwert. Die Möglichkeit, Personen während der Fernwartung in einem Schaltschrank von einem anderen Ort aus Anweisungen direkt vors Auge zu geben, kann die Fehlersuche und Problembehebung erheblich vereinfachen. Das reduziert auch aufwendige, zeitraubende, umweltbelastende und teure Vor-Ort-Einsätze des Servicepersonals.

Danke Michael für deine Antworten und Einblicke.

Stopp: Bevor wir es vergessen, neben Pick-by-Voice und Pick-by-Vision gibt es natürlich auch noch Pick-by-Robot. Damit überlassen Sie das Kommissionieren am AutoStore einem Roboter, wie zum Beispiel dem eOperator von Element Logic.

Mit dem Robotergreifarm können Sie vollautomatisiert ein- und auslagern. Der eOperator erledigt die Aufgaben in Höchstgeschwindigkeit. Während der Roboter die Kommissionierung übernimmt, kann diese Person andere Aufgaben übernehmen. Das führt zu verbesserten Arbeitsabläufen und zu mehr Produktivität. Die perfekte Aufteilung zwischen Mensch und Maschine! Mehr dazu im Video.

Zukunftsausblick
Es ist wichtig, dass wir uns kontinuierlich über neue Technologien informieren und evaluieren, um unsere Arbeitsabläufe zu optimieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Bevor wir uns jedoch für ein bestimmtes System entscheiden, sollten wir die Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen und sicherstellen, dass es optimal zu unseren individuellen Anforderungen und Prozessen passt.

In diesem Sinne: Halten Sie die Augen und Ohren offen für Innovationen und bleiben Sie stets einen Schritt voraus in Ihrer Kommissionierungsstrategie.

Bei der optimalen Kommissionierstrategie für Ihr Lager kann Sie unsere Lagerverwaltungssoftware unterstützen. Buchen Sie hier Ihren Beratungstermin.

Haben Sie den ersten, zweiten und dritten Teil unserer Ratgeber-Reihe verpasst? Hier finden Sie alle drei:

Pick-by-Light-/Put-to-Light-System: Schneller und fehlerfreier Kommissionieren trotz hektischen Lageralltags (Teil 1/4).

Perfektes Teamwork: Pick-by-Light-Systeme und Lagerverwaltungssoftware SuPCIS-L8 (Teil 2/4)

Pick-by-Light- und Put-to-Light-Systeme in der Praxis: Optimierung des Kommissionierprozesses. (Teil 3/4)

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf und sprechen Sie mit einem unserer Experten zum Thema.

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